Kfz-Versicherungen belohnen unfallfreies Fahren mit einem Schadenfreiheitsrabatt. Diese Beitragsermäßigung legen die Versicherer aber nicht rein willkürlich fest. Sie orientiert sich an der Schadenfreiheitsklasse des Versicherungsnehmers. Die Einstufung ergibt sich aus der Anzahl schadenfreier Jahre und bleibt bei einem Versicherungswechsel in der Regel erhalten, es gibt dabei aber eine ganze Reihe von Details und Ausnahmen zu beachten. Die Höhe des Schadenfreiheitsrabatts in einer bestimmten Schadenfreiheitsklasse ist dagegen in verschiedenen Versicherungstarifen meist unterschiedlich. Das kann Ihnen bei einem Versicherungswechsel auch unangenehme Überraschungen bereiten, wenn Sie ausschließlich auf den Erhalt der Schadenfreiheitsklasse schauen. Hier erfahren Sie, was Sie beim Abschluss oder Wechsel Ihrer Autoversicherung über die Schadenfreiheitsklassen und die entsprechenden Rabatte wissen sollten.
Wie funktioniert das System der Schadenfreiheitsklassen?
Die Tabelle der Schadenfreiheitsklassen gilt zwar übergreifend für alle Kfz-Versicherer, hat sich aber über die Jahre mehrfach verändert. Sie sah zunächst eine Einstufung bis Klasse SF 10 vor, wobei für jedes schadenfreie Jahr um Eins hochgezählt wurde. Die Schadenfreiheitsklasse 1 entsprach dabei dem Grundbeitrag, also dem Tarif ohne Rabatt beziehungsweise einem Beitragssatz von 100 %. Jeder Schadenfreiheitsklasse ist ein Schadenfreiheitsrabatt zugeordnet, der den zu zahlenden Versicherungsbeitrag reduziert, beispielsweise auf 80 %.
Bis zur Deregulierung des Kfz-Versicherungsmarktes im Jahr 1994 galt für alle Versicherer die gleiche Zuordnung zwischen der Schadenfreiheitsklasse und dem Rabatt. Daher wurde für beides auch die gleiche Kurzbezeichnung verwendet, zum Beispiel SF 3. Seither kann jedes Versicherungsunternehmen den Schadenfreiheitsrabatt selbst festlegen und bei einem Versicherungsvergleich müssen Sie diese Unterschiede berücksichtigen. Bei der Entwicklung der Schadenfreiheitsrabatte gibt es aber auch einen allgemeinen Trend. Da die Klasse SF 1 den Grundbeitrag kennzeichnete und deshalb als Basis für den Kfz-Versicherungsvergleich diente, gingen die Versicherungsunternehmen dazu über, auch in SF 1 bereits einen Schadenfreiheitsrabatt zu gewähren.
Es geht nicht immer nur nach oben – die Rückstufung bei Schäden
Mit jedem schadenfrei verlaufenen Jahr gelangen Sie eine Stufe höher in Ihrer Schadenfreiheitsklasse. Was aber heißt „schadenfrei“ im Versicherungsdeutsch und wie wirkt sich ein Schaden aus? Im Sinne der Versicherung ist ein Jahr schadenfrei verlaufen, wenn
- der Versicherungsvertrag mindestens ein halbes Jahr, das heißt, seit dem 1. Juli, bestanden hat,
- Sie keinen Schaden schuldhaft verursacht haben oder
- das Versicherungsunternehmen keinen Schaden regulieren musste.
Einen Schaden wertet die Versicherung also nur dann wirklich als Schaden, wenn Sie Schuld daran haben, dass er entstanden ist, und wenn die Versicherung tatsächlich dafür eintritt. Ihre Haftpflichtversicherung beginnt zwar automatisch mit der Prüfung des Sachverhalts und gegebenenfalls der Schadenregulierung, sobald sie davon Kenntnis erhält. Zumindest bei kleineren Schäden gibt sie Ihnen aber die Gelegenheit, den Schaden zurückzukaufen. Wegen der Rückstufung in der Schadenfreiheitsklasse, die im Schadenfall erfolgt, lohnt sich ein solcher Schadenrückkauf oft bis zu einer Schadensumme von etwa 1.000 Euro. Den genauen Grenzwert können Sie sich im Einzelfall von Ihrer Versicherung ausrechnen lassen.
Die Auswirkungen einer Rückstufung und wie Sie diese vermeiden
Hat Ihre Versicherung im abgelaufenen Jahr einen Schaden reguliert, den Sie schuldhaft verursacht haben, fällt nicht nur die Hochstufung in der Schadenfreiheitsklasse aus, sondern Sie werden um eine tariflich festgelegte Anzahl von Klassen zurückgestuft. Es dauert also im Allgemeinen mehrere Jahre, bis Sie die Beitragserhöhung infolge eines Schadens wieder ausgeglichen haben. Dabei kommt es nicht auf die Größe des Schadens an, sondern nur auf die Anzahl der Schäden im entsprechenden Zeitraum.
Sind Sie bereits in der höchsten Klasse angelangt, ist bei weiteren schadenfreien Jahren keine Hochstufung mehr möglich und ein Unfall mit Rückstufung wird besonders ärgerlich. Bei den zwischen 1999 und 2011 abgeschlossenen Versicherungsverträgen ist dieser Nachteil oft durch einen kostenfreien Rabattretter ausgeglichen. Wenn Sie in einem solchen Tarif die Klasse SF 25 erreicht haben, wirkt sich ein einzelner Unfall nicht auf Ihren Schadenfreiheitsrabatt aus. Mit den Änderungen von 2011 erhöhte sich die Anzahl der Schadenfreiheitsklassen bis SF 35 und der Rabattretter entfiel. Stattdessen bieten Kfz-Versicherer einen Rabattschutz als wählbare Option an, die mit einem Zusatzbeitrag verbunden ist und entweder einen Unfall pro Jahr oder eine bestimmte Anzahl von Schäden ohne Rabattverlust zulässt.
Sowohl der Rabattschutz als auch der Rabattretter wirken sich ausschließlich auf den Schadenfreiheitsrabatt aus und nicht auf die Rückstufung der Schadenfreiheitsklasse. Das ist wichtig, wenn Sie nach einem Unfall den Versicherer wechseln möchten. Der alte Versicherer meldet der neuen Versicherung nämlich die aktuelle Schadenfreiheitsklasse und den Schadenverlauf der letzten zwei Jahre. Sofern der neue Versicherer nicht aus Kulanz darauf verzichtet, müssen Sie bei einem Versicherungswechsel also trotz Rabattschutz oder Rabattretter mit einer Rückstufung rechnen.
Welche Schadenfreiheitsklassen gibt es?
Je nachdem, wann Sie Ihre Kfz-Versicherung abgeschlossen haben, gelten für Sie zwei sehr unterschiedliche Regelungen der Schadenfreiheitsklassen. Eine wurde 1999 eingeführt, die andere 2011. Beide Systeme beginnen mit der Klasse M. Als Malus-Klasse erreichen Sie diese ausschließlich durch Rückstufungen im Schadenfall. Auch die folgenden Klassen SF 0, SF 1/2 und SF 1 bis 25 gibt es in beiden Systemen. Die aktuelle Klassentabelle reicht aber bis SF 35 und einige Versicherer verwenden auch noch eine Schadenfreiheitsklasse S, ähnlich der Klasse M. Der größte Unterschied beider Systeme liegt allerdings in der Zuordnung der Rabatte zu den Schadenfreiheitsklassen. Diese fallen im neuen System deutlich üppiger aus, dafür sind aber auch die Grundbeiträge entsprechend höher.
Für welche Tarife gelten die Schadenfreiheitsklassen?
Eine Vergünstigung durch Schadenfreiheitsklassen gibt es bei der Kfz-Versicherung in den Haftpflicht- und Vollkaskotarifen, nicht aber in der Teilkasko. Das begründet sich darin, dass die Teilkaskoversicherung nur Schäden durch Fremdeinwirkung abdeckt und eine Vergünstigung bei schadenfreiem Verlauf nicht sinnvoll ist, wenn der Versicherungsnehmer für die versicherten Schäden nicht verantwortlich ist. Die Einstufungen in der Haftpflicht und in der Vollkasko sind voneinander unabhängig. Wenn Ihr Versicherer also beispielsweise ausschließlich einen Haftpflichtschaden zu regulieren hat, dann stuft er Sie auch nur in der Schadenfreiheitsklasse für die Haftpflichtversicherung zurück.
Fazit
Die Einstufung in eine bestimmte Schadenfreiheitsklasse hat großen Einfluss auf die Beitragsgestaltung Ihrer KFZ-Versicherung. Wägen Sie bei kleineren Schäden gut ab, ob es sich lohnt, die Versicherungsleistung in Anspruch zu nehmen und dafür herabgestuft zu werden oder Sie lieber dauerhaft in einer günstigeren SF-Klasse bleiben und so die Reparaturkosten wieder hereinholen.